Die Anrechnung als Methode zur Vermeidung von Doppelbesteuerung ist geregelt in Art. 23B OECD-MA. Man unterscheidet die direkte Anrechnungsmethode und die Abzugsmethode.
Bei der direkten Anrechnungsmethode erfolgt eine Anrechnung der ausländischen Steuern auf die deutsche Steuer. Die Anrechnung ist allerdings gedeckelt und erfolgt maximal in dem Umfang in dem auf die ausländischen Einkünfte deutsche Steuer zu zahlen wäre, vgl. § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG (für die Körperschaftsteuer vgl. entsprechend § 26 Abs. 1 KStG).
Bei der Ermittlung der aufzuteilenden deutschen Einkommensteuer wird das gesamte zu versteuernde Einkommen – einschließlich der ausländischen Einkünfte! – zugrunde gelegt, § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG.
Der BFH hatte Bedenken, ob diese Berechnungsformel in § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG mit dem Grundsatz der Freiheit des Kapitalverkehrs in der EU zu vereinbaren sei und legte dem EuGH ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen vor.[1]
Nach Ansicht des BFH resultiert daraus, dass die Aufteilung nach § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG unter Nichtberücksichtigung von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen als Kosten der persönlichen Lebensführung sowie der personen- und familienbezogenen Umstände erfolgt. In jenem anteiligen Umfang, in welchem diese Abzugspositionen auf die ausländischen Einkünfte entfallen, reduzieren sie rechnerisch den Anrechnungshöchstbetrag, was der BFH als unionsrechtswidrig ansah.
Der EuGH gab dem BFH in dem „Beker“-Urteil recht und stellte einen Verstoß gegen Artikel 63 AEUV (Freier Kapitalverkehr) fest.[2] Von den personen- und familienbezogenen Abzügen profitiere der deutsche Steuerpflichtige dann voll, wenn seine gesamten Einkünfte in Deutschland bezogen wurden, dies sei hingegen nicht der Fall, wenn er einen Teil seiner Einkünfte im Ausland bezogen hat. Die Berechnung des Höchstbetrags nach § 34c Absatz 1 Satz 2 EStG führt nach Ansicht des EuGH dazu, dass dem in Deutschland ansässigen Steuerpflichtigen, der einen Teil seiner Einkünfte im Ausland bezogen hat, die Abzüge, die diesen Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen entsprechen, nur anteilig für die von ihm im Wohnsitzstaat bezogenen Einkünfte gewährt werden.
Das BMF hat daraufhin ein Schreiben erlassen,[3] in welchem es bis zu einer gesetzlichen Umsetzung dieses EuGH-Urteils das Verfahren für die Anrechnung ausländischer Steuern (§ 34c EStG) regelt. Danach sind Einkommensteuerfestsetzungen hinsichtlich der Berechnung des Höchstbetrags für die Anrechnung ausländischer Steuer auf die deutsche Einkommensteuer nach § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG in Fällen eines Anrechnungsüberhangs gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig vorzunehmen. Diesbezüglichen Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung sind stattzugegeben. Mit seiner Folgeentscheidung (nach dem „Beker“-Urteil des EuGH) hat der BFH festgestellt, dass § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG gegen das unionsrechtliche Gebot verstößt, das subjektive Nettoprinzip vorrangig im Wohnsitzstaat zu verwirklichen. Der Höchstbetrag sei geltungserhaltend zu verrechnen, indem der Betrag der Steuer, die auf das in Deutschland zu versteuernde Einkommen einschließlich der ausländischen Einkünfte zu entrichten ist, multipliziert wird mit dem Quotienten aus den ausländischen Einkünften und der Summe der Einkünfte (letztere abzüglich aller steuerrechtlich abzugsfähigen personen- und familienbezogenen Positionen (z. B. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Altersentlastungsbetrag, Grundfreibetrag). Dies gelte sowohl für Einkünfte aus EU-/EWR-Staaten, als auch für solche aus Drittstaaten.[4]
Durch das Zollkodexanpassungsgesetz vom 22.12.2014[5] wurde § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG umformuliert, danach wird die auf die ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer zukünftig ermittelt, indem der sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens, ergebende durchschnittliche Steuersatz auf die ausländischen Einkünfte anzuwenden ist. Damit, so die Gesetzesbegründung, werde ein „Systemwechsel bei der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages“ vorgenommen. Durch diese Neuregelung werden künftig ausländische Steuern maximal mit der durchschnittlichen tariflichen deutschen Einkommensteuer auf die ausländischen Einkünfte angerechnet, ohne wie bisher auf das Verhältnis zwischen ausländischen Einkünften und der Summe der Einkünfte abzustellen. Dadurch werde die deutsche Steuer berücksichtigt, die auf die ausländischen Einkünfte entfällt, und es komme so zu keiner Benachteiligung dieser ausländischen Einkünfte gegenüber inländischen Einkünften mehr.[6] Die Neufassung des § 34c Abs. 1 EStG gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2015. Für die Veranlagungszeiträume davor ist nach wie vor die die alte Fassung der Norm mit der durch die Rechtsprechung vorgeschriebenen Modifizierungen anzuwenden.[7] Das BMF hat mit Schreiben vom 04.05.2015[8] das Schreiben vom 30.09.2013 aufgehoben und festgelegt, dass Steuerfestsetzungen, die hinsichtlich der Anwendung des § 34c EStG vorläufig durchgeführt wurden, von Amts wegen zu ändern und insoweit für endgültig zu erklären sind, falls die Anwendung des § 34c Abs. 1 EStG n. F. zu einer Verminderung der bisher festgesetzten Einkommensteuer führt. In den übrigen Fällen ist nach BMF die vorläufige Steuerfestsetzung insoweit nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig zu erklären. Einkommensteuerfestsetzungen, die mit einem zulässigen Einspruch oder einer zulässigen Klage angefochten wurden, sind ebenfalls von Amts wegen zu ändern, soweit die Anwendung des § 34c Abs. 1 EStG n. F. zu einer Verminderung der bisher festgesetzten Einkommensteuer führt. Aussetzungen der Vollziehung, die auf Grundlage des aufgehobenen BMF-Schreibens vom 30.9.2013 gewährt wurden, sind zu widerrufen.
Die Änderung der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages gemäß § 34c EStG hat keine Auswirkung auf die Anrechnung gemäß § 26 KStG.[9] Insoweit ist mit dem Zollkodexanpassungsgesetz gleichzeitig eine Neufassung des § 26 Abs. 2 Satz 1 KStG vorgenommen worden, wonach die Ermittlung der auf die ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Körperschaftsteuer abweichend von § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG n. F. zu ermitteln ist, nämlich indem die sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens, einschließlich der ausländischen Einkünfte, ohne Anwendung der §§ 37 und 38 KStG ergebende deutsche Körperschaftsteuer im Verhältnis dieser ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt wird. Die Neufassung des § 26 Abs. 2 Satz 1 KStG gilt für Einkünfte und Einkunftsteile, die nach dem 31. Dezember 2013 zufließen, sowie für vor dem 01.01.2014 zugeflossenen Einkünfte und Einkunftsteile, die noch nicht bestandskräftig beschieden sind (§ 34 Abs. 9 KStG).
Die Abzugsmethode ist nicht im Musterabkommen geregelt, sie ergibt sich aus § 34c Abs. 2 und 3 EStG. Die Anwendung der Abzugsmethode ist abhängig von jeweiliger Einkunftsart nach jeweiligem DBA.
[1] BFH vom 09.02.2011, I R 71/10, BStBl II 2011 S. 500; Vorinstanz FG Baden-Württemberg vom 21.07.2010, 1 K 332/09, EFG 2010 S. 1689.
[2] EuGH vom 28.02.2013, C-168/11 Rs. „Beker“, DStR 2013 S. 518.
[3] Das BMF-Schreiben vom 30.09.2013: „Anrechnung ausländischer Steuern (§ 34c EStG) Verfahren bis zu einer gesetzlichen Umsetzung des EuGH-Urteils vom 28. Februar 2013 in der Rechtssache
C-168/11“, IV B 3 – S 2293/09/10005–04, BStBl I S. 1612, wurde aufgehoben durch das BMF-Schreiben vom 04.05.2015, IV B 3 – S 2293/09/10005–04, BStBl. I S. 452, ersetzt.
[4] BFH vom 18.12.2013, I R 71/10, NJW 2011 S. 1760.
[5] Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (ZollkodexAnpG) vom 22.12.2014 (vormals JStG 2015), BGBl I S. 2417, in Kraft getreten am 31.12.2014.
[6] Vgl. Regierungsentwurf vom 24.09.2014 S. 59.
[7] § 52 Abs. 34a EStG n. F.
[8] BMF-Schreiben vom 04.05.2015, IV B 3 – S 2293/09/10005–04, BStBl. I S. 452.
[9] Vgl. Regierungsentwurf vom 24.09.2014 S. 63.