4. Aktionsplan der EU-Kommission zur Unternehmensbesteuerung

Am 17. Juni 2015 verabschiedete die Kommission einen Aktionsplan für eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der EU.[1] Der Aktionsplan hat als Aufgabe eine Reform des Besteuerungsrahmens für Unternehmen in der EU, um Steuermissbrauch zu bekämpfen, nachhaltige Einnahmen zu gewährleisten und ein besseres Geschäftsumfeld im Binnenmarkt zu unterstützen. Der Aktionsplan enthält fünf Schlüssel-Aktionsbereiche:

  • Neuauflage der Gemeinsamen Konsolidierten Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage (GKKB),
  • Sicherstellung einer fairen Besteuerung am Ort der Gewinnentstehung,
  • Die Schaffung eines besseren Umfeldes für Unternehmen in der EU,
  • Verbesserung der Transparenz,
  • Verbesserung der Zusammenarbeit in der EU.
  1. Im Rahmen dieses Aktionsplanes wurde eine Richtlinie mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts (Anti Tax Avoidence Directive („ATAD 1“), auch Anti-BEPS-Richtlinie)[2] Mit dieser Richtlinie soll die Umsetzung von BEPS-Empfehlungen innerhalb der EU koordiniert werden, wobei zum einen nicht alle BEPS-Empfehlungen in der Richtlinie behandelt werden, während mit anderen Regelungen (etwa denen zur Wegzugsbesteuerung) über die BEPS-Empfehlungen hinausgegangen wird. ATAD 1 umfasst alle Steuerpflichtigen, die in einem Mitgliedstaat der Körperschaftsteuer unterliegen, sowie in der EU belegene Betriebsstätten steuerpflichtiger Unternehmen, die selbst nicht der Richtlinie unterliegen. Sie soll verhindern, dass Steuerpflichtige sich Unterschiede zwischen den nationalen Steuersystemen zunutze machen, um weniger Steuern zu zahlen. Die Richtlinie enthält allgemeine Bestimmungen und überlässt die Einzelheiten der Umsetzung den Mitgliedstaaten. Dabei sieht die Richtlinie fünf verschiedene Arten von Vorschriften zur Bekämpfung der Steuervermeidung vor, wobei den Mitgliedstaaten durch eine Reihe von Wahlrechten sehr große Spielräume eröffnet sind: Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinsen (Zinsschranke) (Art. 4 der RL),
  2. die Wegzugsbesteuerung (Art. 5 der RL),
  3. eine allgemeine Vorschrift zur Verhinderung von Missbrauch (Art. 6 der RL),
  4. Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung bei beherrschten ausländischen Unternehmen oder Betriebsstätten (Art. 7 und 8 der RL),
  5. eine Rahmenregelung für das Vorgehen gegen hybride Gestaltungen (Art. 9 der RL).

Die Umsetzung der ATAD 1 hat bis zum 31.12.2018 zu erfolgen, die Anwendung ist spätestens ab dem 01.01.2019 vorgesehen. Ausnahmen bestehen allerdings für die Wegzugsbesteuerung (erstmalige Anwendung ab 01.01.2020) und die Zinsschranke (erstmalige Anwendung ab 01.01.2024).

Mit der Richtlinie zur Änderung der Richtlinie (EU) 2016/1164 bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern (sog. ATAD 2)[3] wurden die Regelungen gegen hybride Gestaltungen aus der „Anti-Tax-Avoidence-Directive“ vom 12.07.2016[4] ergänzt, indem Art. 9 der „Anti-Tax-Avoidence-Directive“ („Maßnahmen gegen hybride Gestaltungen“) komplett neu gefasst sowie ein neuer Art. 9a („Inkongruenzen bei der Steueransässigkeit“) eingefügt wurden. Die neuen Regelungen sind von den Mitgliedstaaten bis zum 31.12.2019 in nationales Recht umzusetzen, ausgenommen Art. 9a der RL, dessen Umsetzungsfrist bis zum 31.12.2021 läuft.

Ebenfalls am 25.10.2016 hat die EU-Kommission drei weitere Richtlinien-Vorschläge vorgelegt.

Der Richtlinienentwurf über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKB)[5] enthält einheitliche Regeln für die Berechnung der Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg, einschließlich bestimmter Bestimmungen gegen Steuervermeidung sowie Vorschriften gegen Verschuldungsanreize und einen erhöhten Abzug für Forschung und Entwicklung (F&E). Der Entwurf enthält in Art. 58 auch eine allgemeine Vorschrift zur Verhinderung von Missbrauch. Zweck der Richtlinie soll neben der Bekämpfung der Steuervermeidung auch sein, dass durch ein neues System der Unternehmensbesteuerung der Handel und Investitionen im Binnenmarkt erleichtert wird.[6] Bislang müssten grenzübergreifend tätige Unternehmen 28 unterschiedlichen Körperschaftsteuersystemen entsprechen. Die geplanten Regelungen zur einheitlichen Bemessungsgrundlage für Körperschaftsteuer wurden am 21.02.2018 durch den Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) des Europäischen Parlaments verabschiedet.

Daran anschließend soll eine GKKB-Richtlinie[7] für Unternehmensgruppen mit steuerlicher Präsenz in mehreren Mitgliedstaaten die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage mit einem einzigen Vorschriftenkatalog für regeln. Diese Bemessungsgrundlage soll dann anhand einer Formel auf die Mitgliedstaaten , in denen der Konzern tätig ist, aufgeteilt werden, und darauf dann jeder Mitgliedstaat seinen nationalen Körperschaftsteuersatz anwenden.

Die Richtlinie über Verfahren zur Beilegung von Doppelbesteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union[8] enthält ein verbessertes System zur Beilegung von Streitigkeiten im Bereich der Doppelbesteuerung in der EU, da die Doppelbesteuerung als ein wesentliches Hindernis für Unternehmen erkannt wurde, das Rechtsunsicherheit, unnötige Kosten und Liquiditätsprobleme schafft. Die Richtlinie enthält eine Anpassung der derzeitigen Streitbeilegungsverfahren, insbesondere wird nun ein breiteres Spektrum an Fällen erfasst, welche zuvor nicht erfasst waren, z.B. Betriebsstättenqualifikationskonflikte. Für die Mitgliedstaaten gibt es nun eindeutige Fristen für die Erzielung einer verbindlichen Einigung über die Lösung von Doppelbesteuerungsfragen. Kommt eine Einigung nicht zustande, ist dem Steuerpflichtigen die Durchführung eines Schiedsverfahrens möglich, dessen Schiedsspruch verbindlich ist, wenn sich die beteiligten Staaten auf keine alternative Lösung einigen können.[9] Diese Richtlinie gilt neben den DBA und der Schiedskonvention, sie ist von den Mitgliedstaaten bis zum 30.06.2019 umzusetzen und gilt für Beschwerden betreffend Steuerjahre ab dem 01.01.2018.

Am 05.12.2017 haben sich die Finanzminister der EU-Mitgliedstaaten auf eine Liste nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke geeinigt.[10] Darin werden Länder aufgeführt, die die vereinbarten Standards für gute Regierungsführung im Steuerbereich nicht einhalten (z.B. Tunesien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Panama). Aufgeführt sind weiterhin Länder, die sich verpflichten, die EU-Kriterien innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu erfüllen, um nicht in diese Liste aufgenommen zu werden. Der EU-Listungsprozess ist ein dynamischer Prozess, der bis 2018 andauern soll. Die Listenländer sollen Gelegenheit haben, durch entsprechende Maßnahmen wieder von der Liste gestrichen zu werden. Die EU-Liste soll mindestens einmal jährlich aktualisiert werden.[11]

[1] Quelle und weitere Informationen: http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/company_tax/fairer_corporate_taxation/index_de.htm.

[2] Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts, ABl vom 19.07.2016, L 193/1.

[3] Richtlinie (EU) 2017/952 des Rates vom 29. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2016/1164 bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern, ABl vom 07.06.2017, L 144/1.

[4] Welche sich nur auf hybride Strukturen innerhalb der EU bezieht.

[5] Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKB) vom 25.10.2016, COM(2016) 685 final.

[6] Vertiefend: Link/Marx/Zembala-Börner, Neuigkeiten zur Gemeinsamen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKB), steueranwaltsmagazin 1/2017 S. 24.

[7] Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) vom 25.10.2016, COM(2016) 683 final.

[8] Richtlinie (EU) 2017/1852 des Rates vom 10.10.2017 über Verfahren zur Beilegung von Doppelbesteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union, ABl vom 14.10.2017 L 265/1.

[9] Zur Erläuterung des dreistufigen Verfahrens der Streitbeilegungsrichtlinie siehe Zinowsky/Schönfeld, Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten in Doppelbesteuerungssituationen – Überblick über die neue EU-Richtlinie, ISR 2018 S. 7.

[10] Änderungen dieser Liste wurden vorgenommen am 23.01.2018 und am 13.03.2018. vgl. auch Pressemitteilung Nr. 125/18 des Rates der Europäischen Union vom 13.03.2018.

[11] Pressemitteilung der EU-Kommission vom 05.12.2017, abrufbar unter https://ec.europa.eu/germany/news/20171205-faire-besteuerung_de.