6.4.2.3 Beschlagnahmefähige Gegenstände

Die beim Verdächtigten in dessen Gewahrsam befindlichen Gegenstände sind grundsätzlich beschlagnahmefähig. Jedoch muss folgendes beachtet werden:
Grundsätzlich gilt, dass sobald in ein Grundrecht des Bürgers durch eine Maßnahme des Staates eingegriffen wird, danach zu fragen ist, ob dieser Eingriff gerechtfertigt werden kann. Dies wird geprüft, indem zum einen die gesetzlich festgelegten Schranken des Grundrechts berücksichtigt und zum anderen die gegenstehenden Interessen im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung abgewogen werden, wenn die gesetzliche Regelung überhaupt eine Beschränkung des betroffenen Grundrechts zulässt.

Im Rahmen der Beschlagnahme genießt der Betroffene, soweit es um seine Sozialsphäre geht, gemäß des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes grundsätzlich keinen Schutz. Bezüglich der Privatsphäre des Betroffenen ist nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein Schutz gegeben, womit durch die Beschlagnahme von Gegenständen, die der Privatsphäre angehören, ein Eingriff vorliegt, der nicht gerechtfertigt werden kann, sollte eine Abwägung der gegenstehenden Interessen zu dem Ergebnis führen, dass die des Betroffenen schwerer wiegen. Soweit es um die Intimsphäre des Betroffenen geht, liegt ein absoluter Schutz vor, womit jeder Eingriff in diesen Bereich nicht gerechtfertigt werden kann und folglich unzulässig ist. Für das Steuerstrafrecht ist diese sog. „Drei-Stufen-Theorie“ der Beschlagnahmebeschränkungen jedoch fast immer bedeutungslos, da sich die Beschlagnahme grundsätzlich auf Beweismittel erstreckt, die in die Sozialsphäre des Betroffenen einzuordnen sind, welche wie soeben dargelegt, keinem besonderen Schutz unterliegt.

Die Beschlagnahme überprüft nicht die Eigentumsverhältnisse. Beschlagnahmt werden können somit auch Unterlagen, die nicht in dem strafbewehrten Zeitrahmen einzuordnen sind. Dieses gilt zumindest für solche Unterlagen, die im direkten Zusammenhang mit strafbefangenen Zeiträumen stehen.

Die Beschlagnahme von Computerdateien ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Datenträger unterfallen aber in der Rechtspraxis den Gegenständen der strafprozessualen Sicherstellung und Beschlagnahme gemäß § 94 StPO und sind daher auch schriftlich, beispielsweise in Nr. 69 Abs. 1 Satz 2 AStVB (Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren), in Rechtsverordnungen erfasst. Auf Basis dessen, dass diese einen deutlich umfangreicheren und breit gestreuten Informationsgehalt aufweisen, ist jedoch der gesetzlich normierte strafprozessuale Eingriffsbereich auf sie nicht anzuwenden. Da grundsätzlich der Fall so liegt, dass eine Vielzahl der auf dem Träger gespeicherten Daten für das Verfahren keinen Beweiswert haben, käme eine Beschlagnahme der gesamten Hardware (zB. des Computers) eben nicht gemäß § 108 StPO dem Fall gleich, dass bei der Gelegenheit einer Dursuchung Daten gefunden werden, die außer Beziehung zu der eigentlichen Untersuchung stehen, aber auf die Verübung einer anderen Straftat hinweisen und daher ebenfalls in Beschlag genommen werden dürfen (§ 108 Abs. 1 StPO), sondern wäre geradezu eine gezielten Suche nach „Zufallsfunden“ und damit missbräuchlich. Dem Sicherungsinteresse von Beweismitteln wird folglich genügt, wenn zwei Kopien von den vorgefundenen Datenträgern gezogen werden: eine vollständige Version, die versiegelt wird und auf die im Notfall zurückgegriffen wird, und eine Version, die allein den Gegenstand der Ermittlungen betrifft.

Soweit die Hard- und Software im Benutzungsverhältnis nicht nur einer Person steht, kommt es darauf an, dass die Beschlagnahme bzw. Durchsuchung nach § 103 StPO durchgeführt wird, da hier die Gefahr besteht, durch eine umfangreiche Beschlagnahme auch Daten, die Dritte betreffen, zu sichern und hiermit in unzulässiger Weise in deren Grundrechte (insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung) einzugreifen.

Aufgrund des § 99 StPO obliegt die Anordnung der Beschlagnahme von Post dem Richter oder bei Gefahr im Verzug gemäß § 100 StPO der Staatsanwaltschaft. Hier ist keine Öffnung für die Steuerfahndung vorgesehen. Diese Regelung hindert jedoch den Steuerfahnder nicht, auf E-Mails zuzugreifen, da diese gerade keinen schriftlichen Briefverkehr im Sinne der vorgeschriebenen Normen darstellen.

Wie bereits angesprochen, können gem. § 108 StPO Zufallsfunde, d. h. Gegenstände, die auf das Vorliegen einer anderen Straftat hindeuten, ebenfalls beschlagnahmt werden. Diese andere Straftat kann eine bisher nicht verfolgte Steuerstraftat sein oder eine andere, nichtsteuerliche Straftat. Beweismittel, die anlässlich einer Durchsuchung gefunden werden, können nach den Grundsätzen der Gefahr im Verzug ebenfalls beschlagnahmt werden.