3.1.3.2.8 Sperre gemäß § 371 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 4 AO: Vorliegen eines besonders schweren Falles im Sinne des § 370 Abs. 3 Satz 2 Ziffer 2 bis 6AO

Bei besonders schweren Fälle der Steuerhinterziehung kann sich der Täter den Regeln des § 371 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 4 AO nach nicht durch eine Selbstanzeige gem. § 371 Abs. 1 AO in die Straffreiheit retten. Bei den hier umfassten Straftaten handelt es sich um die Fälle des Amtsmissbrauchs und dessen Ausnutzung, der unter Verwendung gefälschter oder nachgemachter Belege fortgesetzten Steuerhinterziehung und der bandenmäßigen, fortgesetzten Hinterziehung von Umsatz- und Verbrauchsteuern gem. § 370 Abs. 3 Satz 2 Ziffer 2 bis 6 AO.

Die Begründung hierfür ist: Der besondere Unwertgehalt solcher Taten kann dem Gedanken des Gesetzgebers nach nicht allein durch die Selbstanzeige und die hiermit verbundene Rückzahlung der hinterzogenen Steuern und ihrer Zinsen ausgeglichen werden. Vielmehr soll der Täter einen zusätzlichen Geldbetrag an die Staatskasse entrichten müssen, um die Absehung von der Strafverfolgung zu erreichen.

In § 398a AO ist die Höhe dieses zusätzlichen Geldbetrags ausdrücklich geregelt: Sie richtet sich prozentual nach der Höhe des Hinterziehungsbetrages (§ 398a Abs. 1 Ziffer 2 AO). Dadurch, dass sowohl im Falle eines Hinterziehungsbetrages über 25.000 € je Tat (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 3 AO) und der besonderen Fälle der Steuerhinterziehung nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 4 AO die Regelung des § 398a AO einschlägig ist, kann die Voraussetzung des zusätzlichen Strafzuschlags auch bei Taten greifen, die zwar unter dem Schwellenwert von 25.000 € liegen, jedoch einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung darstellen und anders herum.

Auch Ziffer 4 stellt auf die Tat im materiellen Sinne ab, womit bei mehreren Taten, aus denen sich die Hinterziehung letztlich zusammensetzt, der Täter oder Teilnehmer bei einer den Voraussetzungen nach § 371 AO entsprechenden Selbstanzeige nur bezüglich der Taten straffrei wird, die keinen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung darstellen.
Bei mehreren Tatbeteiligten ist auf jeden einzelnen Tatbeteiligten abzustellen, sodass die Beurteilung im Hinblick auf den einzelnen auseinanderfallen kann. Praktisch ausgeschlossen ist dies oft im Falle der bandenmäßig fortgesetzten Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Ziffer 5 AO).

Beispiel: Haupttäter X und sein Gehilfe Y1 begehen eine Tat, welche den Tatbestand des besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung erfüllt. Später begeht X mit Y2 zwei weitere Taten, die jedoch keine besonders schweren Fälle der Hinterziehung darstellen. Während für Y1 die Sperre des § 371 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 4 AO greift und auch er gemäß § 398a AO einen Strafzuschlag zahlen muss, um die Möglichkeit einer Strafbefreiung zu erlangen, reicht für die Strafbefreiung des Y2 die Selbstanzeige nach § 371 Abs. 1 AO. X würde bei seiner wirksamen Selbstanzeige nach § 371 Abs. 1 AO zwar bezüglich der beiden letzten Taten straffrei werden, bezüglich der ersten Tat trifft auch ihn die Sperre des § 371 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 4 AO.