Weitere Diskussionsansätze aus mündlichen Verhandlungen und Urteilen

„Gelegenheit verschaffen“

 

Erkennbar das Gegenteil ausdrückend, von dem was dann im Weiteren dann behauptet wird, ist folgender Satz

 

mit Hilfe der dort tätigen Prostituierten die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr u.ä. verschafft“.

Vgl. dazu (Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 12. Dezember 2012 – 2 K 88/11, https://openjur.de/u/599977.html)

 

Makler verschaffen u.a. mit Hilfe von anderen Menschen die Gelegenheit, ein Haus zu kaufen. Börsenmakler erbringen ebenfalls ihre Zeit damit, Gelegenheit zum Nachweis von anderweitigen Geschäften zu schaffen. Wenn sich die Tätigkeit also dahingehend erschöpft, eine Gelegenheit zu verschaffen, so haben wir es mit Maklerleistungen zu tun, nicht aber mit der Durchführung eines eigenen Geschäftes. Für die Durchführung von Maklerleistungen gibt es keine umsatzsteuerliche Sondernorm, die es ermöglicht, dass das nach der Verschaffung der Gelegenheit durchgeführte Geschäft dem Makler umsatzsteuerrechtlich zuzuordnen ist. Eine derartige Subsumtion ist allenfalls auf einer moralisierenden Ebene zu betrachten. Sie findet jedoch nicht statt in der Subsumtion einer wie auch immer gearteten strafrechtsrelevanten Norm.

 

Es gibt kein Gesetz, welches die Umsatzsteuerpflicht der verschafften Leistung dem Verschaffer aufbürdet. Gerichtsurteile, die mit den vorerwähnten Sätzen eine Umsatzsteuerpflicht des Verschaffers begründen und darauf aufbauend sogar eine Straftat annehmen, verhalten sich konträr zu den gesetzlichen Grundlagen.

 

 

„Die Austauschbarkeit der Damen“

 

Nicht nachvollziehbar ist die Überlegung eines anderen Urteils, dass aus der Tatsache, dass die Damen in einem Club mehr oder minder austauschbar (BFH 29.01.2008, V B 201/06, BFH NV 2008 827) wären, sich die Vorstellung aufzwingen würde, dass es dem Kunden völlig egal sei, mit welche Damen er eine Übereinkunft über eine sexuelle Dienstleistung vornehme. Richtig mag auch die Feststellung des Landgerichts München in dem bereits oben zitierten Fall sein, dass in dem dortigen Fall die Damen häufig gewechselt haben.

 

Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass jeder Freier mit jeder Dame eine Übereinkunft über eine sexuelle Dienstleistung vornehmen wollte. Wie jede Beweisaufnahme immer ergeben wird, sind nicht alle Damen bereit, jede sexuelle Dienstleistung durchzuführen und schon gar nicht, sie mit jedem Kunden durchzuführen.

 

Eine Beweisaufnahme hinsichtlich der Vorlieben der Kunden würde zu dem Ergebnis kommen, dass der eine eher blonde Frauen bevorzugt und der andere eine dunkle Hautfarbe, wiederum andere möchten eine asiatische Dame sehen und wiederum andere bestehen auf einer deutlichen deutschen Sprache. Verschiedene Vorlieben in sexueller Hinsicht sind noch nicht einmal angesprochen. Die tatsächliche Übereinkunft zwischen einer konkreten Dame und einem konkreten Kunden an einem konkreten Abend stand also unter einer Reihe von zu vereinbarenden konkreten vertraglichen Inhalten.

 

Die Behauptung des angesprochenen Gerichtes, dass die Damen gegenüber den Freiern beliebig hätten ausgetauscht werden können, ist also schlicht falsch. Wenn ein Kunde mit einer konkreten Dame eine bestimmte sexuelle Dienstleistung verabredet hat, so wäre der Freier im Regelfall nicht damit einverstanden, dass die Damen diese sexuelle Dienstleistung durch jemand anders hätte durchführen lassen.[1] Das Prostitutionsgeschäft ist nicht mit einem Zigarettenautomaten vergleichbar, der nur eine Sorte anbietet.

 

Das Scheinargument der austauschbaren Damen hat daher für den konkreten Vertragsschluss überhaupt keine Relevanz. Wenn ein ganz normaler Käufer einer Teesorte seinen Lieblingstee beim örtlichen Händler nicht bekommt, so ist es ihm völlig egal, ob alle anderen Teesorten bei diesem Händler häufig wechseln oder eben nicht häufig wechseln.

 

Festzuhalten ist nach diesen Ausführungen, dass jeder Freier ganz konkret seine Entscheidung getroffen hat, mit welcher Dame er zu welcher Uhrzeit eine Übereinkunft über eine ganz konkrete individuelle sexuelle Dienstleistung geschlossen hat und dass genau diese Dame diese sexuelle Dienstleistung an und mit ihm durchführt. Diese Vereinbarung hat der konkrete Kunde so verstanden, dass nur diese konkrete Dame diese vertragliche Dienstleistung erbringt.

 

Das Argument der Austauschbarkeit der Damen ist einfach nur falsch; es ist im Übrigen auch nicht klar, unter welche umsatzsteuerliche Vorschrift das Gericht diese Überlegung einsortiert. Zu welchem Tatbestandsmerkmal welcher Norm gehört diese Subsumtion?

 

 

„Organisationen des Platzbetreibers“

 

In dem ein oder anderen Zusammenhang werden Ausführungen zu der  Organisation des Platzbetreibers subsumiert. Erkennbar, unter welchen steuerlichen Zusammenhang im Verhältnis zu der sexuellen Dienstleistug dieses fallen könnte ist dieses nicht.

 

Richtig ist, dass durch den Bordellbetreiber für einen reibungslosen Ablauf gesorgt wird.

Dies beginnt vielfach damit, dass in der Handelsregisteranmeldung und soweit eine GmbH den Platz (Maktplatz/Bordell) betreibt in der Satzung der GmbH das beabsichtigte Gewerbe richtig und genau bezeichnet wird. Die Gewerbeanmeldung beispielsweise lautet:

„Ausschank von alkoholischen und alkoholfreien Getränken in einem Bordell“

 

Dadurch war und ist sichergestellt, daß das Finanzamt vom ersten Tag an wusste, um was es sich bei diesem Geschäftsbetrieb handelt.

 

Die Zusammenarbeit der zuständigen Polizeiabteilung wird oftmals organisiert. Polizeibeamte und Ordnungsamt kontrollieren oftmals wöchentlich. Bei der Anwendung des Düsseldorfer Verfahrens ist die Kontrolle noch engmaschiger.

Ja, es wird kontrolliert und organisiert. Vergleichbare Organisationsformen finden sich bei jedem Volksfest für den Veranstalter, dieses gilt für das Oktoberfest und ebenso für jeden Flohmarkt.

 

Was soll an dieser Organisation des Platzbetreibers ein umsatzsteuerliches Argument für die sexuellen Dienstleistungen der dort anwesenden Damen sein? Was soll den sachlichen Unterscheid zu dem Organisator ausmachen, der das Oktoberfest betreibt?

 

Um es zu verdeutlichen, die interne Organisation der frischen Bettwäsche, der Bereitstellung der Kondome ist sicher ein Argument, welches die Vermietung an die Damen zu einer Vermietung mit 19% USt erfordert, es ist vergleichbar mit den Organisationsleistungen eines Hotels. Aber das Hotel ist nicht Umsatzsteuerschuldner des darin befindlichen SPA oder des dort agierenden Friseur oder des dort vorhandenen Juweliers oder Andenkenladens.

 

„Festlegung der Preise“

 

Es mag gerichtliche Fälle gegeben haben, in denen eine Preisliste für die sexuellen Dienstleistungen als Indiz für irgendeine Berechnung oder Festlegung vorgelegen hat. Im Regelfall gibt es keine Preisliste. Es gibt kein Druckwerk, welches auf so etwas hinweist. Wer im Internet recherchiert, wird nicht feststellen können, dass bestimmte Clubs mit einem festen Betrag für eine bestimmte Dienstleistung werben. Es muss daher unterschieden werden, was als „Preisliste“ diskutiert wird.

 

Einen festen Preis für eine bestimmte sexuelle Handlung mit jeder der Damen die in einem Marktplatz anwesend sind gibt es nicht. Solche Listen werden keinem Kunden gezeigt, sie werden nicht ausgehangen; diese gibt es nicht.

 

Der Marktplatzbetreiber hat auch gar kein Interesse, dass bestimmte Preise für irgend etwas verlangt oder gezahlt werden. Er verdient an dem Eintritt und der Zimmervermietung.

 

Soweit gleichartige Preise für die einfachen Dienstleistungen intern (also zwischen den Damen)  kommuniziert werden, so ist allenfalls festzustellen, dass diese Preise zum Schutz der Damen als Mindestpreise zwischen diesen besprochen werden

 

Denn des Rechnens sind die  Damen allein mächtig. Wenn also eine Zimmermiete durch die Benutzung des Zimmers bevorstand, so kann  die Dame durchaus erkennen, dass es für sie von Vorteil ist, einen Preis zu vereinbaren, der höher als die Zimmermiete ist. Weiter waren die Damen durchaus in der Lage zu erkennen, dass es vielleicht sinnvoll war, ein gewisses Mindestpreisniveau, bezogen auf die Absprache der Damen untereinander, mit dem Kunden zu vereinbaren. Welche konkreten Zahlen dann tatsächlich von diesen vereinbart werden ist durch keine Beweisaufnahme verifizierbar. Die Damen werden immer behaupten, es habe sich nicht gelohnt, sie hätten nichts zu versteuern.

 

Anzunehmen ist immer, dass der vom Marktplatzbetreiber verlangte Zimmerpreis sicherlich verdoppelt wird. Wenn also eine Vermietung von einer Stunde für einen Preis von 70,00 Euro gegenüber der Dame erfolgt, so kann aller Wahrscheinlichkeit vermutet werden, dass sich das Mindestpreisniveau für diese Zeitraum auf der Ebene von zumindest 140,00 Euro bewegt. Die Damen werden sicherlich zumindest den gleichen Betrag in ihrer Rechnung behalten wollen.

Begehrte Damen oder besondere Ergänzungen oder spezielle Praktiken werden sicherlich das Preisniveau verändern. Ob und wie dieses durchgeführte wird entzieht sich jeder Kenntnis und jeder Kontrolle. Weil aber auch der Bordellbetreiber darüber keine Kontrolle hat, wird er auch erst gar nicht den Versuch unternehmen, hierfür eine Preisliste zu schreiben.

 

Es gibt also keine Preisliste des Bordellbetreibes, die im Verhältnis zum Freier vorhanden wäre.

 

 

 

[1] Der Gastwirt kann auch nicht Schweinebraten kredenzen, wenn der Kunde Kalbsschnitzel bestellt hat.