§ 6 Das OECD-Musterabkommen

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Organisation for Economic Co-operation and Development – OECD][1] wurde 1961 gegründet als Nachfolgeorganisation der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC). Sie hat 34 Mitgliedstaaten[2] und ihren Sitz in Paris.

Die OECD hat das OECD-Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (OECD-MA) erarbeitet. An diesem Grundtext sollen sich weltweit bis zu 3000 Doppelbesteungsabkommen orientieren. Turnusmässig alle drei bis vier Jahre findet eine Aktualisierung des Muster DBA statt, die letzte Überarbeitung datiert auf den 15 Juli 2014.[3] Die OECD hat darüber hinaus auch Richtlinien für Verrechnungspreise (Transfer Pricing Guidelines)[4], und ein Musterübereinkommen über einen effektiven Austausch von Informationen in Steuerangelegenheiten (Tax Information Exchange Agreement Model) von 2002, kurz OECD-Standard 2002 oder TIEA-M genannt, geschaffen. Zu nennen sind weiter der OECD – Partnership-Report[5] und der Aktionsplan zu der „BEPS-Initiative“.

Zusätzlich wird ein Kommentar zu Verständnis der Muster Abkommens herausgegeben. Auch dieser wird paralell zu dem Musterabkommen revisioniert.

Das DBA-Musterabkommen 2014

Der OECD-Rat hat am 15.07.2014 ein Update des OECD-Musterabkommens[6] und des Musterkommentars sowie eine Aktualisierung der Anmerkungen von Nicht-OECD-Mitgliedern zu nahezu allen Artikeln beschlossen. Änderungen des OECD-MA wurden vorgenommen in Art. 3 (Begriffsdefinitionen), den Art. 10 (Dividenden) und 11 (Zinsen), Art. 17 (Künstler und Sportler) und Art. 26 (Informationsaustausch).[7]

Auch der Kommentar zum OECD-MA („Musterkommentar“) wurde in zahlreichen Punkten überarbeitet; dies umfasst die Kommentare zu Artikel 3 bis 21, Artikel 23 A und 23 B, Artikel 24–27.

Auswirkungen der Neuerungen im neuen DBA-MA und -MK

Grundsätzlich gilt das konkret zwischen den vertragschließenden Staaten abgeschlossene DBA, ein neuer Musterabkommenstext wird nicht Bestandteil bestehender DBA.

Soweit das DBA zwischen OECD-Staaten abgeschlossen wurde und dem Wortlaut des Musterabkommens unverändert entspricht, soll bei Zweifelsfragen der Anwendung bzw. Auslegung der Musterkommentar herangezogen werden.[8] Manche DBA enthalten Bezugnahmeklauseln auf den Muster-Kommentar, wobei die Wirksamkeit dynamischer Bezugnahmeklauseln davon abhängt, ob das Verfassungsrecht des jeweiligen Staates eine solche „Gesetzesänderung von außen“ überhaupt zulässt. Anders ist es, wenn die Vertragsstaaten vom Wortlaut des Musterabkommens abgewichen sind und/oder entsprechende Vorbehalte gegenüber dem Muster-DBA erklärt haben. Für DBA mit oder zwischen Nicht-OECD-Staaten ist die Bedeutung des Musterkommentars eher gering; der Musterkommentar kommt hier nur zum Tragen, wenn das Musterabkommen wörtlich übernommen wurde und aus dem Zusammenhang deutlich wird, dass der Musterkommentar zugrunde gelegt wurde.

Das Deutsche Muster-DBA

Im April 2013 hat das BMF eine „Verhandlungsgrundlage für Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen“ veröffentlicht, die derzeit aktuelle Fassung datiert vom 22.08.2013.[9] In der Präambel ist die Absicht niedergelegt, mit dieser Verhandlungsgrundlage „(…) die jeweiligen Besteuerungsrechte gegenseitig so abzugrenzen, dass sowohl Doppelbesteuerungen wie auch Nichtbesteuerungen vermieden werden (…)“. Die Verhandlungsgrundlage soll nach den Ausführungen des BMF als Ausgangsbasis für künftige Neuabschlüsse und Vertragsrevisionen dienen, sie bedeute aber keinen Politikwechsel, sondern reflektiere die in den neueren DBA-Abschlüssen konkretisierte deutsche Abkommenspolitik. „Inhaltlich entspricht sie weitgehend den internationalen Standards des OECD-Musterabkommens mit verschiedenen Abweichungen, die zumeist im Musterkommentar der OECD bereits angelegt sind.“, heißt es im Monatsbericht des BMF vom 24.05.2013.

[1] www.oecd.org.

[2] Australien, Belgien, Chile, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Israel, Italien, Japan, Kanada, Korea, Luxemburg, Mexiko, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakische Republik, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Ungarn, Vereinigtes Königreich Großbritannien, Vereinigte Staaten von Amerika.

[3] Ein kostenloser Download der englischen Version des MA und der Kommentierung ist auf der Homepage der OECD möglich.

[4] Aktueller Stand August 2010.

[5] The Application of the OECD Model Tax Convention to Partnerships, 26.08.1999.

[6] In englischer Sprache unter: www.oecd.org/ctp/treaties/2014-update-model-tax-concention.pdf. Die Universität des Saarlandes stellt auf ihrer Homepage eine deutsche Fassung des Abkommens Stand Juli 2014 zur Verfügung: http://www.uni-saarland.de/lehrstuhl/groepl/verg-sem/ss16/vorl-euistr.html.

[7] Lehner in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl. München 2015, Grundlagen Rn. 35d.

[8] Anger/Wagemann, Zweifelsfragen bei der Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen, IStR 2014 S 611 ff.

[9] Auf der Homepage des BMF verfügbar.