Im Februar 2014 entschied der BFH einen Fall zum Betriebsausgabenabzug für Gründungsaufwand einer ausländischen festen Einrichtung.[1] Eine dt. Ärzte-Partnerschaftsgesellschaft strebte die Einrichtung einer Praxis in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) an, deren Realisierung am Ende jedoch erfolglos blieb. Die Gesellschaft machte die dafür angefallenen Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend, das Finanzamt berücksichtigte diese Aufwendungen jedoch lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehaltes, da Einkünfte aus der Einrichtung (auch die negativen) nach dem DBA-VAE a.F.[2] frei zu stellen gewesen wären. Der BFH gab dem Finanzamt Recht und bestätigte damit die Auffassung der Finanzverwaltung.[3]Gründungsaufwand für eine im Ausland belegene feste Einrichtung eines Freiberuflers führe nicht zu einem Betriebsausgabenabzug bei der Ermittlung der Einkünfte aus der inländischen Tätigkeit. Dieser Aufwand sei durch die in Aussicht genommene Tätigkeit im Ausland veranlasst. Unterfalle jene Tätigkeit der abkommensrechtlichen Freistellung, so beträfe dies den Gründungsaufwand (negative Einkünfte) auch dann, wenn die Errichtung der festen Einrichtung später scheitert (sog. vergebliche vorweggenommene Aufwendungen).
In einem Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz aus September 2014 ging es um die Zuweisung des Besteuerungsrechts für nachträgliche Betriebsstätteneinkünfte aus Belgien.[4] In dem entschiedenen Fall war Klägerin eine deutsche GmbH, die als Organträgerin einer GmbH mit belgischer Betriebsstätte war, auf deren Tätigkeit Rückstellungen zurück zu führen waren , von denen eine aufgelöst wurde. Die Betriebsprüfung ordnete nach Schließung der belgischen Betriebsstätte den aus der Rückstellungsauflösung resultierenden Ertrag dem Stammhaus zu, um diesen in Deutschland zu besteuern. Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Freistellung dieses Ertrages unter Progressionsvorbehalt auf Grundlage des Veranlassungszusammenhangs mit der belgischen Betriebsstätte. Das Finanzgericht gab der Klägerin Recht: zwar sei der infolge der Teilauflösung der Rückstellung entstandene Ertrag in Deutschland wegen des Welteinkommensprinzips und der Zurechnung zur Organgesellschaft gem. §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 17 Satz 1 KStG grundsätzlich steuerpflichtig. Jedoch sei Deutschland aufgrund abkommensrechtlicher Bestimmungen (hier aufgrund des DBA-Belgien) daran gehindert, von diesem Besteuerungsrecht Gebrauch zu machen. Nach dem DBA-Belgien liegt das Besteuerungsrecht bei Belgien (Veranlassungsprinzip).
Entscheidend für die Zuordnung von Einkünften ist nach Ansicht des Finanzgerichts nicht ein zeitlicher, sondern der wirtschaftliche Zusammenhang mit der Betriebsstätte, dieser sind alle Einkünfte zuzurechnen, die ihr in wirtschaftlicher Hinsicht gebühren. Das Finanzgericht beruft sich dabei auf die BFH-Rechtsprechung, wonach auch nach DBA der Zuordnung eines nachträglich entstandenen Gewinns nicht entgegen stehe, dass die Betriebsstätte zum Zeitpunkt der Gewinnrealisierung nicht mehr bestanden habe. Entscheidend sei lediglich, dass das Wirtschaftsgut, mit dem die nachträglichen Betriebsstätteneinkünfte realisiert würden, einer vormaligen bestehenden Betriebsstätte zugerechnet werden könne.
Auch Art. 7 OECD-MA 2008 bzw. Art. 7 DBA-Belgien verlangen nach Ansicht des FG nicht, dass die Betriebsstätte noch bestehen müsse, um die Zuordnung nachträglicher Einkünfte vornehmen zu können. Die in Art. 7 Abs. 1 Satz 2 2. HS DBA-Belgien verwendete eindeutige Formulierung “insoweit” lasse für die Zuweisung des Besteuerungsrechtes hinsichtlich einer ausländische BS einen kausalen Zusammenhang genügen. Die Norm enthalte auch keine Einschränkung in zeitlicher Hinsicht, z. B. durch die Formulierung “solange”.
Der BFH bestätigte das Urteil des FG Rheinland-Pfalz.[5]
In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen,[6] dass bislang die Auswirkungen der Umsetzung des AOA auf die vorweggenommenen und nachträglichen Einkünften und deren Zuordnung noch unklar sind. Durch die Neufassung von § 1 Abs. 5 AStG ab dem 01.01.2013 und die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGAV), die ab dem 01.01.2015 gilt, wird statt auf den Veranlassungszusammenhang auf die relevante Personalfunktion abzustellen sein, die in diesen Fällen eher beim Stammhaus angesiedelt sein wird. Bei nachträgliche Einkünften wird die Frage besonders virulent sein, wenn man bei Schließung der Betriebsstätte von einer fiktiven Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter an das Stammhaus auszugehen hat; danach entstandene Wertänderungen könnten dann nicht mehr der Betriebsstätte zugeordnet werden.
[1] BFH, Urteil vom 26.02.2014, I R 56/12, veröffentlicht auf der Homepage des BFH.
[2] DBA-VAE vom 9. April 1995, BGBl II 1996, 518.
[3] BMF-Schreibens vom 24. Dezember 1999, BStBl I 1999, 1076, Tz. 2.9.1.
[4] FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.09.2014 5 K 1717/13, veröffentlicht in der Online- Entscheidungsdatenbank des Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz.
[5] BFH , Urteil vom 20.05.2015 I R 75/14, IStR 2015 S. 883.
[6] So Hagemann/Kahlenberg/Cloer, BB 2015, 2455, 2464.