Im Jahr 2013 startete die OECD eine Initiative gegen Gewinnverlagerungen und Erosion der steuerlichen Bemessungsgrundlage („Base Erosion and Profit Shifting – BEPS“), mittels derer sie die Ursachen für niedrige effektive Steuerbelastungen von multinationalen Unternehmen ermitteln und wirksame Maßnahmen gegen Gewinnverlagerungen ergreifen will. Im Visier der OECD stehen dabei insbesondere steuerschädliche Regelungen, die darauf abzielen, die Steuerbasis aus anderen Ländern abzuziehen, die Nichtbesteuerung von Unternehmensgewinnen, die durch gezielte Ausnutzung der Steuergesetze mehrerer Staaten entsteht sowie künstliche Gewinnverlagerungen bei mobilen Einkünften wie Zinsen, Dividenden und Lizenzen.[1] Es wurde ein Aktionsplan entwickelt, der insgesamt 15 Punkte aufweist.[2] Problematisch ist, dieses ergibt sich insbesondere aus den einzelnen Aktionspunkten, dass nicht der Kampf gegen strafrechtlich relevantes Handeln geführt wird. Es sind vielmehr legale nationale Steuergestaltungsmöglichkeiten, die aufgegriffen werden.[3] Der BEPS-Aktionsplan umfasst die folgenden 15 Maßnahmenkataloge:
- Besteuerung der digitalen Wirtschaft;
- Verhinderung doppelter Nichtbesteuerung bei hybriden Gestaltungen;
- Erarbeitung von internationalen Standards für die Hinzurechnungsbesteuerung;
- Verhinderung von Steuerverkürzungen durch Regelungen zur Versagung des Zinsabzugs;
- Umgestaltung der Arbeiten zu steuerschädlichen Regimes;
- Verhinderung von unrechtmäßiger Inanspruchnahme von DBA-Vorteilen;
- Aktualisierung des Betriebsstättenbegriffs, um die künstliche Vermeidung des Betriebsstättenstatus` zu verhindern;
- Aktualisierung der Verrechnungspreisleitlinien in Hinblick auf immaterielle Wirtschaftsgüter;
- Aktualisierung der Verrechnungspreisleitlinien in Hinblick auf Risiko- und Kapitalzuordnungen;
- Aktualisierung der Verrechnungspreisleitlinien in Hinblick auf andere risikobehaftete Transaktionen;
- Entwicklung von Methoden und Regelungen, um Daten über Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen zu erlangen;
- Überarbeitung der Dokumentations-anforderungen für die Verrechnungspreisermittlungen;
- Verbesserung der Transparenz in Hinblick auf aggressive Steuerplanungen;
- Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit in Verständigungs- u. Schiedsverfahren;
- Entwicklung einer multilateralen Vertragsgrundlage für die Umsetzung von BEPS-Maßnahmen.
Auf der Ebene der EU wurden basierend auf den BEPS-Aktionspunkten verschiedene Maßnahmen zur Umsetzung innerhalb der EU vorgenommen. Zu nennen sind hier
- die Änderung der EU-Amtshilferichtline durch die Richtlinie (EU) 2015/2376 vom 08.12.2015 bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung (betrifft den Informationsaustausch über alle grenzüberschreitenden Tax Rulings und Advance Pricing Agreements) (vgl. nachfolgenden Gliederungspunkt 4.),
- die weitere Änderung der EU-Amtshilferichtline durch die Richtlinie (EU) 2016/881 vom 25.05.2016 betreffend den automatischen Austausch der länderbezogenen Berichte (CbC-Reporting)[4] (vgl. nachfolgenden Gliederungspunkt 4.),
- die „Anti-BEPS-Richtlinie“ (EU) 2016/1164 vom 12.07.2016 (ATAD 1) zur Bekämpfung der Steuervermeidung[5] (vgl. Kapitel „IV. Einfluss des Europarechts“ dort unter Ziffer II. „4. Aktionsplan der EU-Kommission zur Unternehmensbesteuerung“),
- die „Anti-Hybrid-Richtlinie“ vom 29.05.2017 (ATAD 2) zur Neutralisierung der Effekte hybrider Gestaltungen auch im Verhältnis zu Drittstaaten[6] (vgl. Kapitel „IV. Einfluss des Europarechts“ dort unter Ziffer II. „4. Aktionsplan der EU-Kommission zur Unternehmensbesteuerung“).
Mit dem Ersten BEPS-Umsetzungsgesetz vom 20.12.2016[7] wurden auf nationaler Ebene in Deutschland die Empfehlungen des BEPS-Projekts sowie zugleich Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie in deutsches Recht umgesetzt, u.a. Anpassungen des EU-Amtshilfegesetzes bezüglich des internationalen automatischen Informationsaustauschs über grenzüberschreitende Vorbescheide und Vorabverständigungen über die Verrechnungspreise zwischen international verbundenen Unternehmen (sog. Tax Rulings) und zur Umsetzung der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen hinsichtlich länderbezogener Berichte für multinational tätige Unternehmen (CbC-Reporting).
Das BMF hat im August 2017 ein Merkblatt zum verpflichtenden automatischen und spontanen Austausch verbindlicher Auskünfte, verbindlicher Zusagen und Vorabzusagen zu Verrechnungspreisen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Sachverhalten[8] herausgegeben.
[1] Eine ausführliche Beschreibung des BEPS-Aktionsplans findet sich im Monatsbericht des BMF vom 20.09.2013, veröffentlicht auf der Homepage des BMF.
[2] Auf der Ebene der OECD liegen finale Berichte oder Entwürfe zu allen 15 Aktionspunkten vor.
[3] Vgl. Piltz im Editorial der IStR 2013 S. 681.
[4] ABl vom 03.06.2016, L 146/8.
[5] ABl vom 19.07.2016, L 193/1.
[6] Richtlinie (EU) 2017/952 des Rates vom 29. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2016/1164 bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern, ABl vom 07.06.2017, L 144/1.
[7] Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen (Erstes BEPS-Umsetzungsgesetz) vom 20.12.2016, BGBl. I 2016 S. 3000.
[8] BMF vom 17.08.2017, BStBl I, 2017 S. 1228.