Wichtige Entscheidung zu den Voraussetzungen des strafrechtlichen Vermögensarrests
Mit einem bemerkenswerten Beschluss hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm einen von der Staatsanwaltschaft beantragten Vermögensarrest in Höhe von über 6 Millionen Euro aufgehoben.
Der Beschuldigte war – gemeinsam mit weiteren Personen – wegen angeblicher Steuerhinterziehung in Höhe von rund 7,7 Millionen Euro angeklagt worden. Nachdem sich das Ermittlungsverfahren über mehrere Jahre hingezogen hatte, erhob die Staatsanwaltschaft Anfang 2025 Anklage und beantragte zugleich einen umfassenden Vermögensarrest. Mehrere Bankkonten des Betroffenen wurden daraufhin (teilweise) gepfändet.
Mit anwaltlicher Unterstützung wehrte sich der Beschuldigte gegen den Arrest – und erhielt vor dem OLG Hamm Recht. Das Gericht stellte in seinem Beschluss klar, dass die Voraussetzungen für einen strafrechtlichen Vermögensarrest nach § 111e Abs. 1 StPO streng auszulegen sind.
Kernaussagen des OLG Hamm
- Sicherungsgrund erforderlich: Auch nach der Reform des Einziehungsrechts zum 1. Juli 2017 setzt ein Vermögensarrest weiterhin voraus, dass die Vollstreckung der Einziehung ohne Arrest vereitelt oder wesentlich erschwert würde.
- Konkrete Anhaltspunkte nötig: Es müssen tatsächliche, sachverhaltsspezifische Umstände vorliegen, die eine solche Gefährdung belegen – bloße Vermutungen genügen nicht.
- Tat und Verhalten im Einzelfall entscheidend: Zwar kann das Gewicht der Tat ein Indiz sein, regelmäßig sind jedoch zusätzliche Erkenntnisse zum Verhalten des Beschuldigten nach der Tat erforderlich, um eine Vereitelungsabsicht anzunehmen.
- Relevanz bei Steuerstrafverfahren: Selbst bei Steuerhinterziehung – insbesondere, wenn die Tat über eine Gesellschaft lief – kann der Arrest mangels persönlicher Bereicherung des Beschuldigten unzulässig sein. Besteht zudem keine realistische Aussicht auf Wertersatzeinziehung, entfällt auch das Sicherungsbedürfnis.
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung des OLG Hamm verdeutlicht, dass Vermögensarreste kein Automatismus bei Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren sind. Ermittlungsbehörden müssen stets konkrete Umstände für eine drohende Vermögensverschiebung belegen.
Für Betroffene ist dies ein wichtiges Signal: Gegen überzogene oder unbegründete Arrestmaßnahmen kann erfolgreich vorgegangen werden – insbesondere mit einer frühzeitigen und strategisch fundierten anwaltlichen Verteidigung.
Unsere Kanzlei ist seit über 20 Jahren auf Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht spezialisiert. Wir vertreten bundesweit Mandanten in Ermittlungs- und Hauptverfahren und verteidigen effektiv gegen Vermögensarreste, Einziehungsmaßnahmen und steuerstrafrechtliche Vorwürfe.