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Mit Urteil BGH, 1 StR 177/25 hat der Bundesgerichtshof kürzlich einen (Teil-)Freispruch wegen Steuerhinterziehung aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen. Der Grund: Die Annahme fehlenden Vorsatzes wurde vom Landgericht nicht ausreichend und nicht rechtsfehlerfrei begründet.

Unzureichende Prüfung des behaupteten „Vertrauens“

Der Angeklagte, der als Strohmann-GmbH-Geschäftsführer eingesetzt worden war, hatte sich darauf berufen, er habe die unrichtigen Steuererklärungen lediglich aufgrund der Einschätzung seines steuerlichen Beraters sowie auf Zusicherung seines Schwagers unterschrieben. Nach Ansicht des BGH wurde diese Einlassung jedoch nicht kritisch genug geprüft.

Das Gericht hätte nachvollziehbar darlegen müssen, wie eng das Verhältnis zwischen Angeklagtem und Schwager tatsächlich war, wie der übliche Umgang aussah und ob ein blindes Vertrauen auf Familienangehörige in dieser Konstellation überhaupt gerechtfertigt war.

Pflichten des Geschäftsführers unzureichend gewürdigt

Der BGH rügt ferner, dass das Landgericht sich nicht damit auseinandergesetzt hat, welche Bedeutung der Angeklagte seiner Bestellung zum Geschäftsführer beimaß. Insbesondere fehlte eine Prüfung, ob er seine aus dieser Position folgenden Pflichten kannte oder zumindest kennen musste.

Kritik an der Beweiswürdigung

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs fehlte es an einer eigenständigen, kritischen Würdigung der Einlassung des Angeklagten. Das Gericht habe die Angaben des Angeklagten zu unreflektiert übernommen, ohne sie mit der notwendigen Tiefe zu hinterfragen.

Bedeutung für das Steuerstrafrecht

Die Entscheidung betont erneut, dass Geschäftsführer eine eigenständige Verantwortung für die Richtigkeit von Steuererklärungen tragen. Ein pauschales Vertrauen auf Berater oder Verwandte schützt nicht ohne Weiteres vor strafrechtlicher Haftung.

Zugleich zeigt das Urteil, dass Gerichte den behaupteten fehlenden Vorsatz eines Angeklagten zwar gründlich prüfen müssen, dies aber auf einer klar nachvollziehbaren, rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhen muss.

Hinweise für die Praxis – Bedeutung für die Steuerstrafverteidigung

Die Entscheidung unterstreicht ein zentrales Problem des Steuerstrafrechts: Die subjektive Tatseite wird in der Praxis von Ermittlungsbehörden und Gerichten häufig vernachlässigt. In den meisten Fällen wird – oft ohne vertiefte Prüfung – ein (bedingter) Vorsatz angenommen.

Im vorliegenden Fall war es ausnahmsweise einmal anders: Das Landgericht hatte fehlenden Vorsatz angenommen – und der BGH kassierte die Entscheidung sofort wieder. Dies zeigt, wie hoch die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beweiswürdigung sind und wie genau der BGH hier prüft.

Für die Verteidigung bedeutet dies: Ein Steuerstrafverteidiger sollte „trotzdem“ in jedem Ermittlungs- und Gerichtsverfahren die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen konsequent thematisieren und zugunsten des Mandanten in Zweifel ziehen. Zweifel an Wissen, Wollen, Verantwortungsbereich, Informationslage und tatsächlichen Entscheidungsabläufen können den entscheidenden Unterschied machen.

Die konsequente Verteidigungsstrategie lautet daher: Subjektive Tatseite herausarbeiten, dokumentieren, problematisieren – und niemals als gegeben hinnehmen.