Der Tag der Durchsuchung und der Beschlagnahme ist der Tag der Steuerfahndung. Daran wird dem Grunde nach kein Berater rütteln können. Für den Beschuldigten wird es möglicherweise frustrierend sein zu erkennen, dass sein Berater keine Handhabe hat, diesen Einfall der Steuerfahndung unmittelbar zu stoppen. Der Eingriff, der sich in der subjektiven Empfindung auf seine Privat- oder sogar auf seine Intimsphäre richtet, ist an diesem Tag faktisch nicht zu unterbinden. Wenn der Durchsuchungsbeschluss und Beschlagnahmebeschluss auf ihre formalen Umstände geprüft wurden (Adressat und Unterschrift stimmen, der Beschluss ist nicht älter als sechs Monate) wird die Durchsuchung durchgeführt.
Der Beschuldigte darf sich im Grunde wegbewegen und telefonieren, denn beides ist durch den Beschluss nicht verboten. Wenn er beides jedoch versucht, wird sich die Fahndung ihrer Rechte besinnen, die sie bei Gefahr im Verzug anwenden darf. Der Beschuldigte kann festgehalten werden und das Telefonieren wird untersagt, damit er keine Mittäter warnen kann. Der Beamte wird sich möglicherweise der Vorschrift der Ziffer 63 Abs. 7 AStBV (St) erinnern; diese ist zwar von keiner Ermächtigungsgrundlage gedeckt, denn eigentlich kann nur § 127 StPO das Festhalten ermöglichen. Es bleibt aber faktisch nur übrig, dass der Beschuldigte den Beamten den Namen seines Anwalts mitteilt und diese bittet, die Telefonverbindung zum Anwalt herzustellen. Dieses ist nach den Erfahrungen noch nie versagt worden.
Der Anwalt wird dem Beschuldigten anraten, die Aussage zu verweigern und ihn darauf hinweisen, dass er nicht verpflichtet ist, Unterlagen herauszusuchen, und auch nicht verpflichtet ist, Daten sichtbar zu machen, denn der Beschuldigte muss der Fahndung nicht helfen.
Faktisch sollte der Beschuldigte jedoch den durchsuchenden Beamten sagen, wo sich die im Beschluss bezeichneten Unterlagen befinden. Damit bleibt zumindest die Chance, die Durchsuchung einzuschränken, weil das Ziel erreicht wurde. Die Chancen auf Zufallsfunde werden so drastisch dezimiert. Auch werden durch Überreichung von Schlüsseln Beschädigungen an Möbeln durch Aufbrechen verhindert.
Diese Handlung sollte sich aber keinesfalls im Protokoll als freiwillige Herausgabe wiederfinden, denn dann ist die Überprüfung der Durchsuchung und Beschlagnahme nicht mehr möglich, es handelt sich ja dann nicht um eine solche. Der Beschuldigte bzw. sein Anwalt sollten daher darauf achten, dass im Protokoll vermerkt wird, dass die Sachen nicht freiwillig herausgegeben wurden. Auch der Hinweis des Beschuldigten auf den Aufbewahrungsort der gesuchten Unterlagen darf nicht als Teileinlassung vermerkt werden. Diese Vorgehensweise wird in der Praxis zwischen dem Anwalt und dem Leiter der Durchsuchung abgesprochen.
Mit der Durchsuchung und Beschlagnahme wird nicht gewartet, bis der Anwalt die Möglichkeit hat, vor Ort zu sein. Die Leiter der Durchsuchung, hat die bisherige Erfahrung gezeigt, sind stets bemüht, dem Anwalt in diesen Fällen telefonisch zur Verfügung zu stehen. Oftmals wird mit einem Protokoll, trotz faktischer Beendigung der Durchsuchung, freundlicherweise gewartet, bis der Anwalt vor Ort erschienen ist und den Inhalt mit dem Mandanten erörtert hat.
Verhaltensregeln bei Durchsuchungen:
– Rechtsanwalt/Verteidiger anrufen
– Keine Aussagen zur Sache machen
– Durchsuchungsbeschluss prüfen (älter als 6 Monate?)
– Keine freiwillige Herausgabe von Unterlagen
– Kooperation zeigen zur Vermeidung von Zufallsfunden
– Beschlagnahmeprotokoll anfordern
Die Steuerfahndung mit ihren verschiedenen „Stellen“ ist das zentrale Organ zur Ermittlung des steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Sachverhalts. Die verschiedenen Kompetenzen, je nachdem, in welchem Stadium des Verfahrens diese Behörde tätig wird, verhelfen ihr zu einer nahezu grenzenlosen Machtfülle. Weil darüber hinaus in der Rechtsprechung ihre Verhaltensweisen akzeptiert werden, lässt sich eine organisatorische Festlegung oder eine effektive Aufsicht der Steuerfahndung nur schwer ausmachen.